DIE KAPELLE SAINT-GEORGES

           

  Östlich der Dorfes, auf dem rechten Ufer des mit sonnengebleichten Kieseln gepflasterten Baches, vom Nordwind abgeschirmt durch den Redondel-Felsen und das Relief des Nize-Tals, wo sich Wege und Schluchten treffen, dort können Sie die Kapelle entdecken, leicht versteckt hinter einem Vorhang aus Zypressen.

   Wir wissen wenig über ihre Geschichte, aber in diesem naturbelassenen und friedlichen Rahmen laden ihre Überreste zum Respekt und zur Meditation ein. Seit ihrem Erbauen ist ein Jahrtausend verstrichen, und mit 40 ihrer Schwestern ist sie die älteste Kirche des Departments Hérault.

DIE KAPELLE SAINT-GEORGES : ARCHITEKTUR

   Treu der vorromanischen Tradition ist die Kapelle genau östlich / westlich ausgerichtet. Ihr Bau setzt sich aus einem einzigen Schiff und einer vierseitigen Apsis zusammen. Sie ist 14 m lang und 5,2 m breit (an ihrer breitesten Stelle).

   Der Chor ist enger als das Schiff und öffnet sich auf dieses mit einem überzogenen Triumph-Rundbogen.

   Die seitlichen Mauern des Schiffes sind fast völlig verschwunden. Die hintere Mauer (westlich) kann über ca. einen Meter verfolgt werden. Wahrscheinlich erreichte man das Schiff über eine Tür auf der Südseite.

   Am Ende des Schiffes befindet sich eine monolithische Schwelle aus orange-ocker-farbigem Sandstein (1,17 x 0,57 m). Da sie keine Abnutzungsspuren aufzeigt, können wir nicht mit Sicherheit sagen, dass es sich um die ursprüngliche Schwelle handelt.

   Die nord-westliche Ecke erhebt sich über einer für Sarkophagen vorgesehenen Einbuchtung, deren östliche Extremität zum Teil als Stütze dient für die Basis des Triumphbogens.

   Wir finden viele Unregelmäßigkeiten im Parallelismus der Mauern. Die seitlichen Mauern verengen sich nach Osten.

   Zahlreiche vorromanische Kirchen haben diese Besonderheit. Unter dem südlichen Chorfenster, leicht verschoben, befindet sich eine kleine Nische, die sehr wahrscheinlich erst im 16. Jhdt hinzugefügt wurde, wenn man aus dem Baustil schließt (abgeschrägter Rahmen mit geschweiftem Fenstersturz).

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   Diese Nische ist eine wertvolle Hilfe für die Datierung, denn sie gibt an, dass die Kapelle im 16. Jhdt genutzt wurde.

   Der Chor wird auf der Süd- und der Ostseite von zwei Öffnungen mit einfacher innerer Abschrägung erhellt.

   Das eine Fenster mit seiner seltsam asymmetrischen Achse hat sehr gelitten und ermöglicht uns keine genauen Beobachtungen.

   Das Südfenster hingegen ist perfekt erhalten : es ist extrem eng, nur 12 cm breit an der Außenmauer und öffnet sich nach innen auf 40 cm Breite.

   Der Grundbau der Apsis besteht aus roh behauenen Bruchsteinen, aber die Öffnungen und Winkelverklammerungen sind mit viel Sorgfalt ausgeführt. So ist das Südfenster mit Unterteilungen ausgestattet und wird überwölbt von vier nebeneinandergesetzten Blöcken, die nach unten eine Rundwölbung formen, die sich der inneren Öffnung folgend erweitert.

   Diese Technik kann auch in der Krypta der Kathedrale St-Fulcran in Lodève beobachtet werden. Es wird angenommen, dass diese Krypta schon vor 975 entstand.

   In Anbetracht der Schwierigkeiten der Datierung einer vorromanischen Kirche, scheint er unerlässlich, diese beiden Elemente zu vergleichen :

   Nach Ansicht der Archäologen und Historiker ist es der Triumph-Rundbogen, der aus dieser bescheidenen Konstruktion ein wichtiges Bauwerk macht und der eine ungefähre Datierung ermöglicht :

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  •     - 22 Wölbsteine von 30 cm Höhe und 60 cm Dicke.

  •     - Die Spitze befindet sich in 3,45 m Höhe und ruht auf zwei Schlusssteinen, die sich teils auf die Mauer stützen, teils auf ein Fragment des Säulenschaftes.

  • Süden : Schaft aus weiß gemasertem grauen Marmor (60 cm hoch und 25 cm Durchmesser), keine Besonderheiten.

  • Norden : Schaft aus weißem Marmor (54 cm hoch und 28 cm Durchmesser) und von einem Halsring gekrönt.

       Diese letztere Einzelheit allein ermöglicht schon, darin ein antikes und klassisches Element zu erkennen. Die zahlreichen Unterschiede zwischen diesen beiden Säulenfragmenten stützen die Hypothese der Wiederverwendung. Den verschiedenen Funden in den umgebenden Parzellen zufolge, scheint die Kapelle auf einem Standort erbaut zu sein, der schon zu römischer Zeit genutzt wurde.

       Außer den verschiedenen tegulae (Töpferware), die man im Boden oder in den Mauern findet, meldete der Gelehrte Doktor Brunel aus Bousquet d’Ord, im Bach Saint-Georges um die Kapelle herum Gräber aus römischen Bausteinen, zwei kleine Tongeschirre und eine sehr schöne "coloniale" (Münze) aus Nîmes.

      Der Gelehrte Doktor Marc, ein Bewohner von Lunas, nahm die Beobachtungen des Abtes Cabrol (Pfarrer von Lunas) auf und bemerkte u. a. : "Ein altes Kapitell aus weißem Marmor und Amphorenböden aus dem 3. Jhdt, die einem Steinmuseum aus Montpellier abgegeben worden seien."

       Die Anwesenheit von antiken Bauelementen und Mobiliar in nächster Nähe der vorromanischen Kirchen ist nicht überraschend. Sie kann wohl durch die Kontinuität des Kultes erklärt werden.

       So sieht der Doktor Brunel in den zwei antiken Marmorsäulen der Kapelle "die wahrscheinlichen Reste eines ehemaligen heidnischen Tempels".

       Nach dem Archäologen Juan AINAUD ist der überzogene Bogen unserer vorromanischen Kirchen ein Überrest der westgotischen Kunst.

       Die Kapelle Saint-Georges gehört zu den Kirchen mit geschlossenem Chor, oder mit anderen Worten, wo sich die Öffnung des triumphalen Bogens im Vergleich zur Länge des Schiffes verengt, und zwar durch zwei massive eingemauerte Steine, die ihm als Basis dienen.

       In den meisten Fällen waren diese Kirchen nicht gewölbt, sondern gezimmert, besonders über dem Schiff.

       Der verengte Chor erleichterte die Errichtung des Gewölbes, wie es der Fall der Kapelle Saint-Georges ist.

       Die allgemeine Ausbreitung des Gewölbes erfolgt zur romanischen Epoche.

    Geschite des kapelle

    Die meisten Studien, die der Kapelle gewidmet sind, enthalten wenig geschichtliche Informationen.

       Es existiert kein Dokument zu diesem Thema. Weder das Kartenmaterial des nahen Klosters von Joncels, noch jenes des Bistums von Lodève erwähnen sie.

       In der Bulle vom 8. Juni 1135, in der Papst Innozenz II der Abtei von Joncels ihre Besitztümer bestätigt, ist von der Kapelle Saint-Georges nicht die Rede.

       Wir müssen bis zu den Berichten der pastoralen Besuche im 17. Jhdt warten, um einige wenige Informationen zu sammeln (1636).

       Es ist wahrscheinlich die Hauptkirche von Lunas im Jahre 1550, eine Bruderschaft der Gemeinde von Lunas, unter der Schirmherrschaft von St-Georges, hatte dort seinen Sitz (Abt Alzieu, Dokumentalist des Bistums)

       Die pastoralen Besuche von 1687-1691 und 1747-1764 erwähnen die Kirche Saint-Georges überhaupt nicht, was uns annehmen lässt, dass sie inzwischen völlig in Vergessenheit geraten war.

       Wir finden wenig Kirchen in unserer Gegend, die dem Hl. Georg geweiht sind. Man nimmt an, dass der Name der kleinen Kapelle von Lunas an Georges erinnert, ein Benediktinermönch der von 843 – 877 Bischof von Lodève war und unter dem Namen Saint-Georges heiliggesprochen wurde.

       Die Notizen des Abtes Chabrol widersprechen der Herkunft dieser Bezeichnung : "Es ist zu bemerken, dass Saint-Georges von Lunas sehr wohl der Prinz aus Kappadoz war, jener berühmte Märtyrer, der den Drachen besiegt hatte und bei der letzten Verfolgung unter Diokletian enthauptet wurde"

       Kappadoz = ehemalige Provinz von Kleinasien, Zentrum des hittitischen Reiches und erste Heimat des Christentums

       Diokletian = römischer Imperator 284-305

       St-Georges = Schirmherr von England, sehr alter Kult in Griechenland)

       Aufgrund ihrer Einfachheit und der Abwesenheit von Verzierungen wird angenommen, dass diese Zeugen der vorromanischen Kunst zur westgotischen Zeit errichtet wurden (5. und 6. Jhdt).

       Unsere Kapelle ist nicht wirklich westgotisch, wie es der Fall der meisten unserer vorromanischen Kirchen ist, im Vergleich zu gewissen, besser datierten Bauwerken (Saint-Michel-de-Cuxa, Krypta von Lodève, beide 975 eingeweiht). Deshalb müssen wir wohl die Konstruktion des Kapelle Saint-Georges um das 9. und wahrscheinlich 10. Jhdt platzieren.

       Der Abt Cabrol gibt an : "Nach verschiedenen Historikern geht die Erbauung der Kapelle ungefähr auf das Jahr 860 zurück. Zu diesem Zeitpunkt durchquerten die Reliquien des Hl. Georgs, die der Kaiser Karl der Kahle (823-877) vom Kalifen von Cordoba erhalten hatte, den Süden Frankreichs, kamen an Narbonne vorbei, auf dem Weg nach Paris. Zu seiner Ehre wurden Kirchen gegründet, von denen wir ca. 30 zwischen Toulouse und den Ufern des Hérault finden können. Danach finden wir keine mehr, die nächste befindet sich bei Quarante."

       "Der religiöse Baustil des Süden Frankreichs zur Zeit des Aufkommens der Karolinger steht unter dem Einfluss der spanischen Handwerker die vor der arabischen Verfolgung flüchten. Tatsächlich haben alle anderen Kapellen dieses Stils, außer Saint-Georges, spanische Heilige zum Schutzpatron."

       "Es ist bewiesen, dass die Kapelle 1118 existierte und dass noch 1604 Begräbnisse dort stattfanden. Der örtlichen Tradition zufolge, stand sie noch zur Zeit der Religionskriege und diente den Katholiken als Kultort, während die Protestanten des Ortes die aktuelle Kirche besetzten."

       "Der Fluss, der manchmal zu Füssen der Kapelle fließt, könnte er früher nicht den Namen „Dourdou" getragen haben, und dieser blieb nur für die Brücke an seiner Einmündung bestehen ? Der Fluss Saint-Afrique (Aveyron) trägt diesen Namen ebenfalls. Ist dies ein Hinweis ?"

       Das Grundstück in Terrassenform der Kapelle gehörte der Familie von A. Fourestier von Lunas, der davon an die Gemeinde Schenkung machte.

       1933 verstärkte er den hufeisenförmigen Bogen. Die Kapelle gehört heute der Gemeinde. Vor ca. 40 Jahren pflanzten der Abt Cabrol und die Herren Boutet Jun., Nouguier und Bernal (Einwohner von Lunas) Zypressen und räumten die Seitenwände des Schiffes frei. Somit stellten sie den ursprünglichen Rahmen der Kapelle wieder her.

       Unter der Führung des Verbandes "LES AMIS DE LUNAS", wurden Reparaturen und Sicherungen durchgeführt, aber einige Rettungsaktionen sind noch nötig.

       Die alten Einwohner erinnern sich an die Bittgänge. Zu erwähnen ist auch die heimliche Hand, die seit vielen Jahren Blumensträuße ablegt.

       Der Abt Cabrol gibt noch an, dass bei der Pflanzung des Weinstocks "Orientierung Norden oder links der Kapelle" ein gewisser Herr Audie, damaliger Besitzer, zwei Lampenfragmente und drei Gräber aushob, etwa zehn Meter entfernt.

       Die Knochen ruhten auf Ziegeln und die Gräber waren wie zur westgotischen Zeit mit den Füssen nach Osten orientiert. Dieses Grundstück gehört heute zur Gemeinde.

       Die Kapelle ist auf der Liste der historischen Denkmäler auf Ministerbeschluss von 1988 aufgeführt und der Stadtrat hat kürzlich (April 1997) ihrer Klassifizierung zugestimmt. Als geschichtlicher Zeuge und Kulturerbe hat sie die "Felsbewohner" erlebt und daher schulden wir ihr Respekt und Schutz.

       Der die Architektur und Geschichte betreffende Teil dieser Linien stammen aus den Berichten der archäologischen und historischen Gesellschaft der oberen Kantone des Hérault, den Studien des Archäologen André Signol und den verschiedenen Dokumenten die uns der Doktor Marc, der Abt Cabrol und der Abt Géry hinterlassen haben. Wir hoffen, dass ihre Arbeiten uns ihre Leidenschaft weitergeben und den Respekt für jene die vor uns hier gelebt haben, sowie die Liebe zu unserem reizvollen Dorf.

    Lunas, der 1. Juni 1997

    Historisches über  Lunas